Under Pressure
25.02.2019 00:00
Ein Rekordwochenende liegt hinter uns. Wer nun an spektakuläre Wettererscheinungen, Temperatur- oder Windextreme denkt, liegt aber falsch. Tatsächlich war es ein sehr stiller Rekord, der am Samstag aufgestellt wurde, und ein meteorologisch eher zweitrangiger. Ein stattliches Hochdruckgebiet baute sich da über Mitteleuropa auf, und während an dessen Südflanke kühle und extrem trockene, kontinentale Luft aus Norden in den Osten Österreichs strömte, lag der Luftdruck in Polen, im Kern des Hochs, bei über 1045hPa. In Wolkersdorf reichte es für einen maximalen Druck von 1044,4hPa, so viel wie seit Beginn meiner Aufzeichnungen im Jahr 2010 noch nie. Wobei diese Formulierung streng genommen so nicht stimmt: Wenn in der Meteorologie bei Messwerten der Luftdruck angegeben wird, dann (fast) immer heruntergerechnet auf Meeresniveau. Notwendig wird das aufgrund der starken Höhenabhängigkeit des Luftdrucks, von der ja auch die recht präzise barometrische Höhenmessung profitiert. Nahe der Erdoberfläche nimmt der Luftdruck pro 10m Höhendifferenz um ungefähr 1hPa ab – bei tiefen Temperaturen ein klein wenig mehr, bei hohen Temperaturen weniger. Mit einem Luftdruck, der auf Meeresniveau heruntergerechnet wird, werden nun Messungen vergleichbar, auch wenn die Stationen nicht auf ein- und derselben Höhe liegen, und die dynamischen meteorologischen Systeme, als Hoch- und Tiefdruckgebiete bekannt, treten in Erscheinung. Anders formuliert, man rechnet die großen vertikalen Unterschiede des Luftdrucks heraus, um die schwächeren, horizontalen Luftdruckdifferenzen zum Vorschein zu bringen.
Warum war der Luftdruckrekord trotzdem kein allzu spektakuläres Ereignis? Das liegt an einer sehr interessanten Eigenschaft des Luftdrucks. Der Absolutwert des Drucks ist meteorologisch quasi bedeutungslos, relevant sind nur Luftdruckunterschiede – sie sind es, die in Form von Wind die Dynamik in das Wettergeschehen bringen. Ein Tiefdrucksystem definiert sich auch nicht durch das Unterschreiten eines gewissen Schwellwertes des Drucks, sondern nur dadurch, dass im Vergleich zur Umgebung ein tieferer Druck herrscht. So kann es Tiefdruckgebiete mit einem Kerndruck von 1010hPa genauso geben wie Hochdruckgebiete mit demselben Kerndruck. Und die 1044hPa vom Wochenende haben sich nicht sonderlich bemerkbar gemacht, weil der Druck zwar außergewöhnlich hoch war, die Druckunterschiede aber nicht. Einzig ein wenig mehr Sauerstoff als sonst üblich gab es zu atmen. Sie denken sich vielleicht: Wenn Druckunterschiede so relevant sind, warum treten dann die starken vertikalen Druckdifferenzen nicht in Erscheinung? Das liegt daran, dass in der Vertikalen in guter Näherung eine Balance aus der Druckgradientkraft (drückt die Luft nach oben) und der Gravitation (drückt die Luft nach unten) vorherrscht.
Neben dem derzeit wieder frühlingshaft dahindümpelnden Hochdruckwetter mag ich auf eine Neuerung auf wetter-wolkersdorf.at hinweisen. Seit einer Woche ist eine Wetterkamera am Wolkersdorfer Siloturm installiert, meines Wissens die erste Webcam Wolkersdorfs mit Himmelsblick (die Asfinag-Webcams an der A5 scheiden dadurch aus). Sie liefert alle fünf Minuten ein aktuelles Foto vom Dach des höchsten Gebäudes Wolkersdorfs. Mir geht es mit dieser Kamera darum, den Eindruck vom Wolkersdorfer Wetter, der durch die Messwerte meiner Wetterstation entsteht, mit einem Echtzeitbild abzurunden. Und im Sommer hoffentlich eines der meist vorbeiziehenden Gewitter zu erwischen. Die Kamera blickt in Richtung Westnordwest, weil ich eine Positionierung in Richtung Wohngebiet vermeiden wollte. Falls das Wetter einmal nicht so spannend sein sollte, kann man kraft dieser Blickrichtung zumindest die Anzahl der Autos an Wolkersdorfs schönstem Parkplatz, der P&R-Anlage zählen, oder versuchen den Siloturm in Schleinbach zu erspähen.